Was macht ein gutes Bild aus?

 

Erscheinungsdatum des Artikels 12.12.22

 

Es gibt gute Bilder von Naturfotografen im Netz. Aber woran erkennt man ein gutes Bild? Wie muss man ein Bild fotografieren damit es gut wird. Welche Bedingungen muss ein solches Bild erfüllen?

 

Die Lesbarkeit

Das Wichtigste ist die Lesbarkeit eines Bildes. Dazu gibt es drei Fragen, die man sich als Fotograf stellen sollte:

Sind bildstörende Elemente vorhanden? Gibt es Überschneidungen? Verschmilzt das Hauptmotiv mit dem Hintergrund?

Falls ja, stört dies ungemein den Gesamteindruck des Bildes. Der Betrachter wird Schwierigkeiten haben den Bildinhaltschnell zu erfassen.

 

Fokussierung des Motivs

Ist das Hauptmotiv richtig fokussiert? Sind die Augen scharf abgebildet oder sind es die Ohren oder etwas anderes, warum?

Es passiert, dass man eine Actionszene einfangen möchte und der Fokus sitzt nicht auf dem Auge des Tieres, sondern auf dem Flügel. Ist das offensichtlich, muss man sich fragen, ob man das Bild noch zeigen kann? Neulich habe ich ein Bild eines Spechtes gesehen. Das Auge war schon knapp aus der Schärfeebene heraus, aber fast der ganz Vogel war scharf abgebildet. Wenn es die Szene zulässt und das Licht sowie die Komposition des Bildes stimmt, würde ich sagen, dass das ein Grenzfall ist.

Andererseits ist es aber auch sehr reizvoll komplett unscharfe Bilder zu fotografieren, beispielsweise von fliegenden Vögeln, die dann fast komplett verwischt sind. Das bildet einen schönen Kontrast zu  komplett scharf abgebildeten Motiven.

 

Bildrauschen

Ist das Bildrauschen notwendig, weil es als künstlerisches Mittel zur Fotografie gehört? Oder ist es entstanden, durch schlechte Lichtbedingungen? Im letzteren Fall kann man dies beseitigen.

 

Störende Bildelemente

Wenn man einen Singvogel im Gebüsch dokumentiert, weil es ein seltener Vogel ist, finde ich das in Ordnung. Dokumentiert man eine Eule im Baum wird man nicht umhin kommen zu überlegen, wie man das am besten anstellt, dass aus dieser schwierigen Situation ein ansprechendes Bild wird.

Hierbei sehe ich drei Möglichkeiten:

Erstens man fotografiert die Eule ohne störende Zweige vor ihr.

Zweitens Man fotografiert sie so, dass ein paar Blätter des Baumes vor ihrem Körper erscheinen, das suggeriert Tiefe im Bild

Drittens Man könnte den Baum hoch fotografieren und das Portrait so machen, dass keine Zweige vor dem Gesicht sind.

Bei den Purpurreihern habe ich immer wieder mit diesem Thema zu kämpfen, weil diese Vogelart sehr dicht im Schilf wohnt, lebt und brütet. Ich habe allerdings Bilder, bei denen die Schilfzweige zwar im Bild sichtbar sind, aber nicht zu dominant im Bild oder der Szene erscheinen.

Ganz ungeschickt sind Bilder von Singvögeln, die auf einem Zweig sitzen und vor dem Vogel auch noch Zweige sichtbar werden, der Singvogel also hinter diesen Zweigen sitzt.

 

Tiefenschärfe

Die Tiefenschärfe ist ein künstlerisches Mittel, das ich gerne nutze. Zum Beispiel dafür, dass man Hauptmotiv von Nebenmotiv trennt. Genauso kann man einen Vogel vor dem Dickicht mit Offenblende freistellen. So wird der Vogel vom Hintergrund und für den Betrachter sichtbar getrennt.

 

Perspektive

Ich fotografiere immer, wenn möglich, auf Augenhöhe des Hauptmotivs. Das heißt, wenn ich ein Gänseküken fotografiere, liege ich auf dem Boden. Es gibt aber auch Fälle, da sind eben Grenzen erreicht. Dann wird man eben eine leicht veränderte Perspektive in Kauf nehmen müssen. In manchen Fällen kann es aber auch reizvoll sein, von dieser Regel abzuweichen.

 

Konsequenzen

Jetzt muss man sich fragen, wann ist ein Bild eine Fotografie und wann ist es ein dokumentarisches Produkt oder gar Fotojournalismus?

Eine gute Dokumentation ist spannend anzusehen, sie gibt aber nur den Inhalt wieder. Ein fotojournalistisches Werk geht noch etwas weiter und beansprucht die Szene und den Inhalt so wiederzugeben, wie es vor Ort tatsächlich war. Dazu gehört das Geschick und das Know-How wie man mit dem Werkzeug, der Kamera, umgehen muss.

Und eine Fotografie ist ansprechend, ist so professionell bearbeitet, dass die Bearbeitungsschritte die Bildaussage untermauern und festigen. Man sieht einer Fotografie an, ob sie gestaltet ist oder ob der Fotograf nur den Auslöser betätigt hat. Eine Fotografie braucht Zeit in der Bildgestaltung.

Kann nach dieser Definition die Wildlifefotografie Kunst sein? Ich bin der Meinung, ja! Neben den  Vorüberlegungen (wann fotografiere ich?, in welchen Wetterverhältnissen und wie fotografiere ich?) bedarf es hierbei der fotografischen Mittel, mit welchen man die Motive fotografiert. Und genau das macht für mich den Unterschied zwischen Amateuren und ambitionierten Fotografen aus!